Allerleirauh. Zur Arbeitsweise einer Malerin

von Carina Plath

Als ich im Winter 1998 die Videoinstallation magicass der amerikanischen Foto- und Videokünstlerin Anna Gaskell sah und las, dass sich die Arbeit auf das Märchen The Magic Donkey bezog, das eineähnliche Geschichte wie Allerleirauh von den Gebrüdern Grimm erzählt, erinnerte ich mich auf einmal einer Facette meiner Kindheit. Doch stärker als die Erinnerung, dass dies mein Lieblingsmärchen war,überraschte mich, dass ich dies vergessen konnte: zu offensichtlich war aus meiner jetzigen Perspektive einer 32jährigen Frau die psychologische Bedeutung der im Märchen beschriebenen Vater-Tochter-Beziehung. Auf einmal stand sie klar vor meinen Augen und auf merkwürdige Weise wurde hier die Kunsterfahrung eine persönliche. Ohne dies hier vertiefen zu wollen, ist doch bedeutend, dass mir dieses Ereignis bei einem Atelierbesuch bei Valérie Favre wieder einfiel. Nicht allein, weil sich die Malerin eindeutig auf Fabeln, Märchen und Literatur bezieht, sondern aufgrund der Weise, wie diese verschiedenen Ebenen und zeitlichen Episoden auf einmal zusammenfanden: ein Märchen, ein Kunstwerk, eine Betrachterin, ein Gespräch vor anderen Kunstwerken, schließlich hier ein Text.

Mag dies banal klingen und jeden Tag Millionen Mal vorkommen, sind es doch genau diese Koinzidenzen, die eine entscheidende Bedeutung für die Arbeitsweise von Valérie Favre besitzen. Die Verbindungen, die ihre Werke, seien es Bilder, Videos, Objekte oder Musikstücke, herstellen, sind oft ebenso lose und spontan geknüpft und werden auch durch nachträgliche Erklärung nicht schlüssig gemacht. Zudem arbeitet die Malerin parallel an verschiedenen Formen und Werkgruppen, von denen sie selbst zunächst nicht wissen kann, ob sich auf lange Sicht eine Verbindung herstellen wird. Vielmehr ist es typisch für Favres Vorgehen, dass diese Offenheit für plötzliche, unerwartete und zunächst nicht logisch zu verfolgende Einfälle gesucht und erhalten wird. Man kann sie als eine Offenheit gegenüber der ganzen Breite von Erfahrungen verstehen, die sich nichts verbietet. Die Bildgruppe der Balls and Tunnels, von denen die Malerin eins in jedem Jahr produziert, ist dafür symptomatisch. Denn seit 1995 erlaubt sich die Künstlerin einmal jährlich ein Bild, das das Modell der europäischen Nachkriegsmalerei des Informel aufleben lässt und sich um das Scheitern und die historische Gebundenheit dieses künstlerischen Ansatzes als spontane, ungeplante Malerei, die zu den Ursprüngen des Ich zurückführen sollte, nicht kümmert. In einer Kombination von Zufallsexperiment in der Badewanne, in die die Leinwand gelegt wird und in der die Tuschefarben durch das Wasser auf sie absinken, und nachträglicher Bearbeitung entsteht nach und nach eine konzeptuell zusammenhängende und doch aus Solitären gebildete Serie. Durch diese Unbeschwertheit geben sich die Bilder spielerisch und beschreiben doch die Grenzen der eigenen Malerei auf eine vergleichbare Weise, wie es Robert Rauschenberg 1957 mit Factum I und Factum II, der Wiederholung eines abstrakt expressionistischen Gemäldes, getan hat. Hat Rauschenberg die Spontaneität in der sturen Kopie des spontanen Bildes, das doch genauso improvisiert wirkt wie das erste, sichtbar in Frage gestellt, verweist Favres Reihe auf die Fraglichkeit der Bedeutung solch intuitiver Äußerungen. Beide Künstler sind so als Maler zu sehen, die im Bewusstsein und gleichzeitigen Abgrenzen zu einer malerischen Tradition stehen. Favre geht dabei weniger programmatisch vor: ihr reicht die Andeutung und das Benutzen dieser «Bälle und Tunnel» (ein Titel, der auf lapidare Weise mit dem umgangssprachlichen Wort «balls» für die männlichen Hoden umgeht, denen die « tunnels» , die in dieser Kombination weibliche Geschlechtsteile assoziieren, gegenübergestellt werden) als einmal im Jahr geöffnete Ventile für den Zufall und ihre Spontaneität. Sie fungieren wie eine Art Versuchsanordnung, als ein Testfall für andere Möglichkeiten der Malerei als die primär verfolgten der Künstlerin. Zugleich bindet sie auch hier einen konzeptuellen Strang ein: die Farbskala des jeweiligen Bildes hängt von den jeweils bleibenden Überresten des einmal gekauften Satz von Farben ab. Hatte Favre zunächst Blau- und Rottöne gewählt, setzte sie in der Folge aus Mangel an Rot Gelb- und Grüntöne ein, die die Balls and Tunnels der letzten Jahre dominieren. So schafft sie, indem sie keine neuen Farben kauft, künstlich eine Knappheit der Mittel, die ihr einerseits Grenzen setzt, in der Auseinandersetzung mit diesen Grenzen jedoch wiederum neue Möglichkeiten eröffnet. Das verlangsamte Tempo der Werkentwicklung durch den Jahresrhythmus lässt sie bei der Werkgruppe selber einen Abstand gewinnen, der zum einen die Spontaneität aufrecht erhalten, zum anderen jedoch eine Entwicklung und den Sinn dieser Konzeption nur über lange Zeiträume hinweg verständlich werden lassen kann.

Favres Arbeiten der vergangenen Jahre sind so verschieden wie ein Reservoir von Weisstönen ( Reserve de Blanc, 1992), eine Installation mit Stühlen, die langbeinig auf Malerpaletten und Farbflecken stehen (Les lieux de la parole titre de travail, 1994), Bilder über zerbrochenem Glas, Porträts in Öl, bei denen Martin Kippenberger mit Cranach, Marilyn Monroe über Pontormo vermalt wird (Die kranken Schwestern, 1999), Videoinstallationen (Les Restes de la Méduse, 1997), Klang- und Theaterstücke (Range ta chambre, 1994 und Dégel, 1992) sowie eine Choréographie für 40 Rentner und einen Zwerg (2000) für das Festspielhaus von Hellerau. Obwohl die unterschiedlichsten Medien benutzt werden, ist die Verschiedenheit der Arbeiten nicht primär am Medium festzumachen, sondern an jeweils anderen emotionalen Zuständen, Entfernungen und Annäherungen an Themen, als auch an der Weise, in der sich die Künstlerin selbst in das Werk hineinbegibt oder sich ihm enthält. So vereinen sich streng konzeptuelle Vorgehensweisen wie die achtstündige improvisierte Erzählung Favres zum Floß der Medusa mit historischen Reflexionen zur Kunst und momentanen, unerklärt bleibenden Einfällen. Zu allem gehört die virtuose Malerei, das farbenreiche und in sich verwickelte Strömen der Ölfarbe, die wie ein «stream of consciousness» über die Leinwände bewegt wird. Das gesamte Oeuvre Favres folgt seinerseits der Logik einer großen Erzählung, die Stränge flicht und wieder fallen lässt, um andere aufzunehmen. Weniger als dass Bedeutung in ihnen zirkuliert, baut sie sich durch das Werk selbst erst auf und wird durch Rückverweise und Projektionen mit der Zeit komplex.

Es ist damit schwer zu sagen, wo die künstlerische Arbeit ihr jeweiliges Ende findet. Geschichten schreiben sich fort, verquicken sich, Figuren springen von einer Leinwand zur anderen hinüber, ohne eine feste Identität auszubilden. Favres Szenerien sind dabei weder Illustrationen noch kontinuierliche Narrationen, sondern vor allem Fiktionen, mehr im positiven Sinne der Erfindung als in dem der Lüge. Sie schaffen Parallelwelten, die Lücken für unsere Imaginationen aufmachen. Jede Erzählung von einer Häsin, einem Tod, einer Hütte mit Motorrädern oder Autos hat dabei unzählige Verwandte und Bekannte, sei es in Favres eigenem Werk, sei es in Werken der «Fiction» von Stephen King über James Joyce bis Shakespeare. Zentral ist die Frage nach der Möglichkeit einer glaubwürdigen Fiktion in einem malerischen Werk, vergleichbar einem konsistenten literarischen Werk oder einem Filmplot.

Die mögliche Wahrhaftigkeit stellt sich hier zu einem großen Teil durch die emotionale und sensuelle Tragfähigkeit der Malerei, durch ihre Farbigkeit und Ausdrucksqualität ein. Dadurch, dass sich Favres Bilder immer als schöner Schein und fabelhafte Schönheit zeigen, sind sie der Beweisführung der Authentizität entledigt und können ihre Eigendynamik entfalten. Die Malerin schafft tiefe, unübersichtliche Räume, aus denen sich die Figuren hervorheben, die sich zum Teil wieder amortisieren. Tote Leiber verrotten und versinken im Grund, Figuren erwachsen hohen, schlanken Bäumen und tragen mit sich lang gewachsene Beine und Nasen fort. Es sind offene Erzählungen, Momentaufnahmen einer fortlaufenden Geschichte, die sich auf unzähligen Bühnen abspielen.

Die Nähe von Bildtafel und Kulisse wird bei der Malerin, die unter anderem als Bühnenbildnerin gearbeitet hat, eingehalten. Im Widerspruch dazu oder vielleicht eher wie in einem absurden Theater entwickeln die Figuren in ihren Bildern keine Handlungen; es wird zwar ein Handlungszusammenhang durch die bühnenhafte Inszenierung angedeutet, aber dennoch vollziehen allein Vertreter und Vertreterinnen annähernd symbolische Akte wie Schlafen, Flüchten, Springen oder Kämpfen. Sie finden sich in Landschaften und Interieurs mit wechselnden Maßstäben und Entfernungen, Lufträumen, die sie durchschweben, Böden, die sich auflösen und Tempi, die nicht eingehalten werden. Die Welten von Favre folgen keinen Gesetzen, es sei denn ihren eigenen oder denen der Farbe. Die prototypischen Vertreterinnen sind die Lapines Univers, das Alter Ego von Val érie Favre, «fiktive Selbstporträts» , wie sie sie selbst nennt, und zugleich eine Gruppe von Arbeiten. Diese selbstbewussten und sportlich-provokativ auftretenden Häsinnen finden sich in immer wieder anderen Konstellationen und Schattierungen, als Superheldinnen im Kostüm mit Umhang, als Passanten in Wäldern und Städten, als sexuell aufreizende Figuren. Ihre Spiegelfunktion für die Künstlerin wird auch durch das Wortspiel mit dem umgangssprachlichen französischen Wort («la pine» ) für das männliche Geschlechtsteil deutlich – die lapines sind so zugleich Häsinnen und männliche Glieder. Die Malerin versteht die «pine» als ein phallisches Element, als eine Art Zauberstab, in dem Sinne, in dem man den Pinsel vor allem in der Tradition figurativer Malerei, die von männlichen Künstlern geprägt ist, als ein Welterschaffungs- und Machtinstrument lesen kann. Wie ein Markenzeichen Favres oder das Spielzeug in Hans Christian Andersens Der standhafte Zinnsoldat treffen die Häsinnen auf andere Logo-Wesen, wie den Peugeot-Löwen oder den Globus von Universal Pictures und existieren damit in dem Zwischenreich der Vorstellung. Gleichermaßen sind sie eine fortlaufende Serie von Selbstporträts, wie man sie bei anderen Künstlern und Künstlerinnen als stetige Selbstvergewisserungen in verschiedenen Arbeits- und Lebensstadien kennt. Eine weitere Serie, die Autos dans la nuit, eigentlich das Reich des Löwen, in das sich die Häsin zeitweise einschleicht, sind Studien von Stadtlandschaften, schnelle kleine Bilder, die das Tempo mit dem Miniatur-Peugeot halten. So hat jede Gruppe nicht nur ein eigenes Gesicht, sondern auch eine eigene «Funktion» im Oeuvre der Malerin. Wird die Häsin, die einer Comicwelt entsprungen scheint, auf einmal wieder Protagonistin eines Zeichentrickfilms, für den die ersten Skizzen in diesem Buch zu sehen sind, scheint dies dazu zu dienen, sie aus der Welt der ölbilder zu befreien und «laufen zu lassen», auch, um Distanz und Klarheit über diese Figur zu gewinnen, bevor sie erneut als Spiegel herhalten muss.

Favres Bildwelt mit den weltweit einsetzbaren Universalhäsinnen und anderen, oft Alpträume suggerierenden Mischwesen bezieht sich auf Zwischenreiche, Unterwelten und mythische Orte ebenso wie auf den alltäglichen Wahnsinn. Letzterer ist ein Bewusstseinszustand, der einem die Freiheit gibt, in der eigenen Logik immer auch die Absurdität, in der eigenen Schönheitsliebe immer auch die Abgründigkeit, in der Liebe für andere immer auch destruktive Gelüste zuzulassen. Sichtbar wird dies in den Suizidbildern, kleinen Ölbildern, die verschiedene Formen des Selbstmords, wie das Erschiessen, Erhängen, aber auch das Sichselbstverzehren, in schöner Farbigkeit präsentieren.

An dieser Stelle kann man an Martin Kippenberger denken, der mit Favre dieselbe Generation teilt, dem gewissermaßen «nichts zu dumm war» , und der auch aus diesem Grund einen Heroenstatus als Bohemien und Genie innehat. Ist die teilweise laxe und manchmal, wenn auch selten, spätpubertär wirkende Art Kippenbergers dem Charakter von Favre fremd, gibt es in anderer Weise eine Verbindung zwischen den beiden Künstlern, die in der Dienstbarmachung der eigenen, individuellen psychischen Verfassung liegt, die als kreative Energie eingesetzt wird, so schlecht sie auch sein mag. Die eigene Verfasstheit wird nach aussen gekehrt, ohne zur Nabelschau zu geraten, indem eine Wahrhaftigkeit in den Bildern, oder vielmehr, in den Geschichten, die diese Bilder erzählen, gesucht wird. Das ist weniger pathetisch, als es klingen mag, aber nicht einfach, denn der Künstler/die Künstlerin messen sich an sich selber und bedingen damit eine Art ständiger Kreisbewegung, die ein Zustand des Gefangenseins sein kann. Favre kennt sowohl die Stärke als auch die Ausweglosigkeit, die entstehen kann, wenn man gefährdende Seitenwege offen lässt. Doch ist es das Privileg und die Bürde der Künstlerin, diese in der Vorstellung zu evozieren und durchleben zu können, ohne an Lebens- oder Arbeitsfähigkeit einzubüssen. Der Text étoile de Mars von Valérie Favre in diesem Buch zeigt, wie diese Gedankenwelt auch in der Phase zwischen Tag und Nacht und zwischen Bett und Schreibtisch beim Kritzeln auf einer Seitenwand des Nachttisches durchlebt werden kann. Das Vorsichhinstammeln ohne Punkt und Komma lässt die Gedanken vor dem Einschlafen Revue passieren oder auch die am frühen Morgen, an dem sich das Ich zusammensucht aus den Teilen des Traums und den ersten Eindrücken von Wirklichkeit. Markennamen werden aneinandergehängt, die eigene körperliche Verfasstheit angesprochen, die im Leben einer Malerin eine wichtige Rolle spielt (als ich Valérie nach der Bedeutung der Form des Diptychons fragte, sagte sie auch, dass man ja nicht jünger werde und zwei Tafeln körperlich einfacher zu bewegen wären als eine), und das Ende ist immer im Blick. Der Text, der von der Künstlerin als Auftragsarbeit für den Pariser Verlag area entstand – eigentlich war sie als Illustratorin angesprochen, schlug sich aber selber als Autorin eines Textes vor – , spricht von einer Innenwelt, die reich und abgründig ist, die sich immer wieder Form gibt, um nach aussen aufzutreten und dann wieder in dunkle innere Zustände abzusinken. Das Kritzeln auf dem Holzbrett, das Vermackeln und Verwerfen, stehen dabei für ein künstlerisches Werk, das sich immer neu ent- und verwirft. Die Kritzeleien werden am Ende wieder mit weisser Farbe überdeckt, um eine reine Fläche für neue zu bieten («..neben dem Nachttisch dort könnte ich anfangen ihn wieder zu bemalen ein letztes mal um diese Kritzeleien der Kulis zu löschen man braucht zwei Farblagen um alles wegzuhaben weiß natürlich alles muss wieder natürlich weiß sein um wieder daraufzumalen um zu verändern.» ) Diese Wirklichkeit als intensiv gelebtes Bewusstsein wird deutlich nicht als Flucht- oder Aufenthaltsort, sondern als Realität mit dem höheren Wirklichkeitsgehalt und als Kräftereservoir, als Möglichkeit, anders zu denken als es die Norm verlangt, verstanden. So wie Sarah Kane ihr Stück 4.48 Psychosis schrieb, betitelt nach der Zeit, zu der statistisch gesehen die Depression am stärksten und die Suizidgefahr am grössten ist, schreibt sich étoile de mars aus dem Zustand des Halbbewussten, des Intimen, das sich eigentlich der Mitteilung verwehrt. Die eigene Hässlichkeit, die Attraktivität des Gebrechens oder auch die Faszination von verbotenen Rollenspielen sind Teile des Angesprochenen. Dazu kommt die Verzweiflung als Teil des Schaffensprozess: «…es ist kompliziert, sich einfach so ranzumachen ich warte immer auf das Ende von allem die Scheisse des Tages um endlich mit dem Malen anzufangen das ist jetzt gerade so es ist kompliziert so wie anzurufen oder eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter zu hinterlassen es ist kompliziert und ich bin nicht immer fit um es zu tun es kommt wohl aus der Schweiz dieses Wort kompliziert weil ich es so oft gehört habe dort…» Kane wie Favre scheuen die Offenlegung dieser inneren Gedanken nicht, leben aus der Verletzung, ohne sich zu neuen Heldinnen zu stilisieren – es scheint, als ob es gar nicht anders vorstellbar wäre – oder: alles andere ist möglich, aber kein Leben.

Es verbietet sich fast, solche Schlüsse in einem Katalogessay niederzuschreiben, rührt man doch an jeder Stelle an Künstlerklischees. Wie kann man sich in der globalisierten und technisierten Welt eine so finite und hart am Material arbeitende Kunst noch vorstellen? Und dennoch fordern die Künstlerinnen die existentielle Auseinandersetzung mit der Kunst und dem Leben durch ihre Werke ein und verstehen auch ihr Medium als eine überlebensfrage, denn wer sich nicht aussagt, der existiert nicht: sich selbst setzen und sich nicht belügen, ist hier der Grundsatz. Sprache und Farbe sind nicht nur Klang und Farbigkeit, sondern das Material, das kritisches Denken und Träumen ermöglicht. Dabei ist die körperliche Auseinandersetzung, das Spielen auf der Bühne, das Malen in grossen Formaten, eine Existenzbehauptung. Im Unterschied zu manchen wilden Malern wird jedoch weniger die eigene Persönlichkeit als vielmehr die Möglichkeit der Vorstellung und der Einbildungskraft als eine von der Glättung und der Abstumpfung bedrohte und zu rettende verstanden. Der Farbe als Material kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu. In vergleichbarer Weise wie Willem de Kooning in seinen Women – Bildern und Francis Bacon in seiner Malerei jeden Pinselstrich als Lebensfiber, Fleisch oder «Sensation» verstanden haben, ist die Farbe bei Favre körperlich besetzt. Die physische Bearbeitung bleibt sichtbar in einer vehementen Malerei, die gefühlt werden will. Sie ist geprägt durch ein Bewusstsein, das wach und akut bleibt ohne Einschränkung. Die verschiedenen Malstile, die man in Favres Werkgruppen über die Jahre beobachten kann, und die von glatter, lasierter ölmalerei bis zu rohen, offenen Pinselhieben reichen, sind so gleichermaßen Auswirkung wie Ausdruck emotionaler Intensitäten, die Bilder zugleich Träger wie Mittler von Emotionen. Der 1999 durch Suizid gestorbenen Theaterautorin Kane, der sich Favre seelenverwandt fühlt, hat sie ein Denkmal mit dem Objekt Sarah Kane (2003) gesetzt. Ein flaschengrünes, wuchtiges Schrankobjekt mit zehn Türen, Thermostat und Beleuchtung entwickelt eine stumme und rätselhafte Gegenwart. Ein schmales Fach schneidet tief in es hinein, mit einer Holzplatte, die Favre als «Arbeitsplatte» bezeichnet – nur leider ist sie unzugänglich. Rückwärts begrenzt durch amorphe Abschlüsse und inwärts brauchbar als Musikbox und Kühlschrank, bleibt es ein rätselhafter, kühler Widerstand, der etwas von der gewalttätigen und sezierenden Sprache Kanes aufzunehmen scheint, von einer Drastik, die sich weder Kitsch noch Inzest als Themen verbietet und von einer Depression, die von dem starken Drang, sich mitzuteilen und der Einsicht des kontinuierlichen Missverstehens geprägt ist. Sarah Kane ist zugleich ein fremd bleibender Körper, self service-Objekt, das seine Funktionalität nur aus Selbstzweck abzuleiten scheint.

Je ne peux pas me couper une oreille tous les jours (Ich kann mir nicht jeden Tag ein Ohr abschneiden) lautet der von Martin Kippenberger entliehene Titel eines Bildes von Favre von 1999. Diese etwas lächerliche Vorstellung – wir haben nun mal nur zwei Ohren – ist zugleich ein ernst gemeinter Verweis auf Vincent van Goghs schmerzhaftesten Punkt seiner Verzweiflung und auf die Unmöglichkeit, diese als treibende Kraft künstlich über einen Zeitraum aufrechtzuerhalten. Dort wo die Selbstverletzung die extreme Form beschreibt, ist die Selbstbefragung der Malerei in der Genese jedes einzelnen Werks von Favre enthalten.

Vor allem die Diptychen und Triptychen durchlaufen verschiedene Phasen der Malereibefragung in ihrem Entstehen. In der Vorbereitung der Ausstellung in Münster konnte ich im Atelier Favres mehrere Stadien der Arbeit Auto dans la nuit (2004) sehen. Zunächst gab es ein Triptychon, das rechts eine verkürzte Darstellung der Schläfer mit einer Hütte im Wald in Violett- und Grautönen zeigte. In der Mitte befand sich unter einer Silhouette eines Hasen eine dunkelgraue, nachtverschattete Miniaturlandschaft mit einer sich wie eine Carrerabahn schlängelnden Strasse und einem kleinen, fast nicht auszumachenden Auto, das sie hinaufraste. Auf der linken Tafel erhob sich eine kleine Lapine mit hinter dem Rücken verschränkten Armen auf einem Bühnenelement. War die Waldszene rechts mit einem leuchtenden Orange unterlegt, das wie ein untergründiges Feuer durch die Zweige leuchtete, tauchte diese Farbe als reine Fläche über einem pinken Rechteck auf der linken Seite des Triptychons auf. Hier verhielt sie sich wie ein Verweis auf die Möglichkeit abstrakter, und nicht figurativer, Malerei und steigerte zugleich die Vitalität des Ganzen. Offensichtlich geriet hier für die Malerin eine Malereitradition in den Blick, die man vielleicht bei Mark Rothko ansetzen könnte, die jedoch heute, wo zu vieles gleichzeitig geschieht, zu klar schien, um verfolgt werden zu können.

Beim nächsten Eingriff in das Bild wurde der untere Teil der Mitteltafel mit einem transparenten Weissgrau überzogen, so dass das Ganze unterkühlt und wie durch Eis gesehen erschien. Doch das Eis wich in der Folge der Nacht, dem Schwärzermalen, und die linke Tafel verschwand ganz. So blieb die Hütte im Wald, inzwischen auch sie abgedunkelt, und die dunkle Miniaturlandschaft in der Mitte, in der zentral ein dunkler Planet oder ein Loch schwebte. Was jetzt passierte, war, als hätte Favre die ganze dunkle Szenerie zu neuem Leben erweckt – neue Töne, weiss, gelb und grün werden über das schwarz gelegt und neue Figuren bevölkern die Bühne. Die Hütte steht nun in der Mitte, mit einem merkwürdigem Loch im Dach, das einen an einen Ausgang aus der Matrix denken lässt. Vor ihr liegt nun eine große Hasenfigur, uns den Rücken zukehrend, schlafend oder gestorben. Die Miniaturlandschaft hat eine große Figur aufgenommen, eine amorphe Persönlichkeit, die fast wie ein Flaschengeist aus einem Rumpf mit Rock aufzusteigen scheint, daneben ein Ständer mit Perücke. Die linke Tafel, schließlich ganz neu konzipiert, zeigt jetzt wiederum eine Häsin, doch groß und selbstbewusst in grünem Anzug und mit lodernden Ohren, seltsam aus einer quadratischen Fläche steigend, wie aus einer anderen Wirklichkeit. Obwohl die Waldlandschaft nun vereinheitlicht ist als durchlaufende Bühne, gibt es doch verschiedene Ebenen der Wirklichkeit, die nicht zu lesen sind. Was bezeichnet die Handlung, was die Einschübe, wer den Traum? Nur schwer und langsam durchdringt man den Urwald und sein Personal.

Der Wald mit seinen Untiefen und zahlreichen Wegen kann als Metapher für den Reichtum und die Überfülle stehen, denen Favre in ihren Bildern alle Schleusen öffnet. Zugleich formuliert er eine Neufassung eines Klischees deutscher Kultur und verlagert die Verwurzelungen und Stämmigkeit ins Reich der Virtualität. Der Forê t mit seinem flüssigen blauen Waldboden ist dabei ebenso eine Projektionsfläche wie die Holzplatte neben dem Bett. Der genauso deutsche wie französische Wald, der ein Surrogat von fotografischen Aufnahmen verschiedener Landschaften bildet, zieht sich über 14 grosse Tafeln und ist merkwürdig leer gelassen. In seiner fluiden und lichten Malweise ist er einer Computeroberfläche ähnlich und tatsächlich diente dieser als Instrument bei der Bildfindung. Das «interface» des Waldbodens wird zur Kontaktfläche zwischen Künstlerin und Betrachter, indem das Bild als potentiell werdendes verstanden werden kann, als etwas, was noch zu imaginieren und zu füllen ist. Es ist zugleich die Bühne, der auch das Schrankobjekt Sarah Kane durch seine Aufstellung zugeordnet ist. Erweitert ist dieses Zusammenspiel im Kunstvereinsraum um Diptychen und Triptychen, die den Wald in den Hintergrund treten lassen und sich gewaltvollen Phantasien einer Jagd unter Tieren mit merkwürdigen Metamorphosen (Schiesserei, 2003), einer Mondlichtszene mit sich auflösender Natur mit Hütte und Motorrädern, sowie auf dem Waldboden liegenden Schläfern ( Die Schläfer, 2003) öffnen.

Werden hier so verschiedene Topoi und Klischees wie der dunkle Wald, die Hütte, in der zumeist Morde geschehen oder Hexen wohnen, das Vollmondlicht, das Untote weckt oder das Motorradfahren als Freiheitsbekenntnis angerührt, so erzählt Favre doch keine Märchen. Die Malerei hat schon seit langer Zeit und in den 1980er Jahren durch die Neuen Wilden gezeigt, dass sie mit einer relativierten Weltsicht der Moderne keine Mythen mehr begründen, sondern sie nur suggerieren kann. Das Zitieren von Stephen King-Romanen, Comics und Filmen gehört jetzt zum Repertoire der zeitgenössischen Malerei und könnte als postmodernes Profil gelten. Doch Favre bedient sich dieser Anleihen weniger, um zum Kreis der Eingeweihten zu gehören, als vielmehr die Fülle und den Reichtum dieser oft ausgeblendeten und in ihrer psychologischen Drastik verharmlosten Vorstellungswelt zu evozieren und wiederzubeleben. Denn ob es möglich ist, Sinn aus dem Absurden, dem Abgelegenen, sowie der Konfrontation mit Tabus und Kitsch zu ziehen, will die Malerin gar nicht beantworten. Zu sehr kann sie von den Unklarheiten profitieren, die sich durch ihre Kombinationen ergeben und die, in der teilweise von schwarzem Humor durchzogenen Verwicklung und Dringlichkeit ihrer Arbeit einen Wust von Fragen und Ideen provozieren. Vielleicht liegt die Bedeutung ihres Werks in der Aufgabe der Logik und dem freien Fall der Vorstellungen, in Flugübungen, wie einer ihrer Titel heisst.

Gerade an der Behandlung femininer Attribute und Figuren, der Häsinnen, die eben keine Bunnys sind, aber auch keine unverletzbaren Superheldinnen, wird deutlich, wie Favre Klischees aufnimmt und sie ein Eigenleben entwickeln lässt, die sie aus der Plakativität des Klischeehaften entlassen. Ihre Bedeutung generiert sich dann in dem jeweiligen bildnerischen Zusammenhang und im Rekurrieren auf Genres wie Porträt und Landschaftsbild jeweils neu und bereichert die literarische Figur um das Visuelle und Haptische der Farbe. Zugleich werden eigene ängste schonungslos angegangen. So wie die Künstlerin Marlene Dumas zur Zeit ihrer Mutterschaft ein Foto ihres Babys unter das perfekte Baby einer Werbereklame klebt, und ihre Beobachtung und Enttäuschung darüber, dass ihr Kind eindeutig das Hässlichere ist, in Missachtung jeden Mutterinstinkts allen schriftlich mitteilt, ist auch Favre unerschrocken in ihrer Konterkarierung femininer Attribute wie Nettigkeit, Fürsorglichkeit und Attraktivität, die nicht einfach nur in ein stures emanzipatorisches Gegenteil verfällt. Die unscharf in Farbskalen von rosa, beige, pink und gelb vermalten kleinen Babymädchen mit den grossen Köpfen, die gerade und doch zögernd auf den Betrachter zugehen, in den Interieurs von 2000 gehören zu den verstörendsten Bildern, die Favre gemalt hat.

Allerleirauh ist das Mädchen, das sich mit einem Mantel aus Fellen von allen Tieren des Königreichs ihres Vaters schützt. Das Animalische hat hier eine apotrophäische Wirkung und hilft der Königstochter, Schutz zu suchen und das Böse zu fliehen. Am Ende findet sie jedoch zu ihrem Prinzen und damit zu einem neuen Patriarchen – die Falle schnappte erneut zu. Doch im Schlossgarten war ab und an eine Häsin mit Stiefeln und Umhang zu beobachten, die immer wieder der Umfriedung entfloh. Es gibt noch Hoffnung.

mit freundlicher Genehmigung der Autorin
aus: “Valérie Favre – Mise en Scène”, Westfälischer Kunstverein Münster, Verlag für moderne Kunst Nürnberg 2004

Der Katalog kann über den Westfälischen Kunstverein Münster bezogen werden (EUR 19,–/17,– für Mitglieder des Kunstvereins).

Allerleirauh, The way an artist works

by Carina Plath

When in the winter of 1998 I saw the video installation magicass by the American photo and video artist Anna Gaskell and read that the work was based on the fairytale The Magic Donkey, which tells a story similar to that of the Grimm brother’s Allerleirauh, I suddenly recalled a facet of my childhood. But what surprised me more than the recollection that this was my favorite fairytale was that I could have forgot it: too obvious was the psychological meaning of the father-daughter relationship from my present perspective of a 32-year old woman. I realized this all at once and in a peculiar way the art experience turned into a personal one. Without wanting to take this any further, what is significant is that I recalled this incident on a visit to Valérie Favre’s studio. Not only because the artist clearly alludes to fables, fairytales and literature, but because of the way these different levels and episodes-in-time suddenly come together: a fairytale, an artwork, a viewer, a dialogue in front of other artworks, and now a text.

It may sound banal and take place a million times a day, but it is just these coincidences that carry such significance for the way Valérie Favre works. The associations that her works – whether paintings, videos, objects or musical scores – produce are often just as loosely and spontaneously linked and are not made any more conclusive by later explanations. In addition, the artist works parallel on different forms and workgroups, whereby she herself cannot initially know if any connection will eventually come about. It is quite typical for Favre’s procedure that this openness for sudden, unexpected ideas, which at first have no linear logic, is sought and maintained. This can be understood as an openness – vis-à-vis the whole range of experiences – that denies itself nothing.

The painting group Balls and Tunnels, for which she produces one canvas each year, is symptomatic. For, since 1995 the artist has allowed herself one of these paintings per year that reinvents the Informel, that model of European postwar painting, and does not concern herself with its failure and the historical commitment of this artistic approach to a spontaneous, unplanned painting act meant to lead back to the origins of one’s ego. In a combination of an experiment with chance in the bathtub – into which the canvas is laid, the paint sinking through the water onto it – and a later rework, little by little a conceptual, linked series comes about, yet made up of solitaries.

By means of this lightheartedness, the pictures act playfully and yet register the limits of one’s own painting in a way comparable to what Robert Rauschenberg did in 1957 with Factum I and Factum II by repeating an abstract expressionist canvas. If Rauschenberg visibly questioned spontaneity by doggedly copying a spontaneous painting that appears just as improvised as the first, Favre’s series points to the questionability of the meaning of such intuitive outpourings. Both artists can be considered painters who consciously stand within, and yet at the same time set up a boundary to, a painting tradition. Favre goes about it less programmatically. She is satisfied with the allusion and the use of these Balls and Tunnels (a title that lapidarily confronts the jargon word for male testicles with tunnels, associated in this constellation with female genitals) as once-a-year outlets for chance and spontaneity. These canvases function like a type of experimental model, a test case for other possibilities of painting than that primarily pursued by the artist. At the same time, she also ties herself to a conceptual plan: the color range of each of the paintings depends on the available paint left over from the first batch of paint she purchased for this series. If Favre at first chose blues and reds, she later, for a lack of red, continued with yellows and greens, which these past years dominate Balls and Tunnels. In this way, by not buying new paint, she artificially creates a shortage of means that, on the one hand, set limits, but by tackling these limits, she in turn opens up new possibilities. The decelerated tempo of the work evolvement, in a rhythm the year provides, allows her to gain a certain distance that, for one, maintains spontaneity and, two, can only over a long period make the sense of this conception comprehensible.(1)

Favre’s works these past years have included such variations as a reservoir of white tones (Reserve de Blanc, 1992), an installation with chairs whose long legs stand on art palettes and paint spots (Les lieux de la parole titre de travail, 1994), paintings over broken glass, portraits in oil on which Martin Kippenberger and Cranach are paint-mixed and Marilyn Monroe is painted over Pontormo (Die kranken Schwestern, 1999), video installations (Les Restes de la Méduse, 1997), sound and theater plays (CD: Range ta chambre, 1994 and Dégel, 1992), as well as Choréographie für 40 Rentner und einen Zwerg, 2000, for the Hellerau festival hall. Although the most varied of media are used, the diversity in the works is not primarily a result of the media, but of other emotional states, withdrawing from or closing in on a theme, also in the way the artist enters into the work or holds herself back from it. Thus strict, conceptual procedures rub elbows with Favre’s 8-hour improvised narration on the raft of the Medusa(2) with historical reflections on art and momentary, unexplained passing thoughts. And to all this is added the virtuoso painting, the color-rich, tangled flux of oil paint that moves across the canvas like a ‘stream of consciousness’. The whole of Favre’s oeuvre follows the logic of a grand tale that weaves threads and lets them fall again so as to take up others. It is less the fact that meaning circulates in them and more that it first builds itself up through the works and becomes complex via back references and projections in time.

It is therefore difficult to say where the work will find its respective end. Stories write themselves onwards, amalgamate, figures leap from one canvas to another without forming a fixed identity. Whereby Favre’s scenarios are neither illustrations nor ongoing narrations, but above all fictions, more in the positive sense of invention than of lies. They create parallel worlds that open gaps for our imaginings. Each tale of a rabbit, a death, a cabin with motorcycles or cars has countless relatives and acquaintances, whether in Favre’s own work or in works of fiction from Stephen King to James Joyce and Shakespeare. The overriding question here is the possibility for credible fiction in painting that is comparable to a consistent literary work or a film plot.

Truthfulness sets in to a large degree through the emotional and sensual capacity of painting, through its coloration and the quality of its expression. Because Favre’s pictures always present themselves as beautiful illusion and fabled beauty, they free themselves from the necessity to prove their authenticity and can develop their own dynamism. The artist creates deep, impenetrable spaces against which the figures stand out, who then partly deteriorate. Dead bodies rot and sink into the ground, figures grow out of high, slim trees and carry away long legs and noses. These are open narratives, instant takes of an ongoing story played out on countless stages.

The painter who, among other things, worked as a stage designer,(3) sees to it that easel and backdrop are kept close together. In contradiction to this or perhaps more like absurd theater, the figures in her pictures do not develop any story lines; a certain plot context is suggested by the stage-like scene, but yet it is only the stand-ins who carry out anything resembling symbolic acts such as sleeping, fleeing, leaping or fighting. They find themselves in landscapes and interiors with changing dimensions and distances, airy spaces that they float through, ground that dissolves and tempi that are not kept to. Favre’s worlds follow no laws, unless they be their own or those of color.

The prototypical agents are the Lapines Univers, Valérie Favre’s alter ego, “fictive self-portraits” as she herself calls them and at the same time a group of works. These female rabbits who appear on the scene self-assured and athletically provocative can be found in ever different constellations and nuances, as super heroines in costume and cape, as walkers in town and country, as sexually stimulating figures. Their function of mirroring the artist becomes clear through the pun on the French argot for a man’s genitals: “la pine”. Thus lapines are both female rabbits and male members. The artist understands the ‘pine’ as a phallic element, as a kind of magic wand in the sense that it can be read as a world-creating and authoritative instrument in the tradition of figurative paintings marked, above all, by men artists. Like a Favre trademark or the toy soldier in Hans Christian Andersen’s Brave Tin Soldier, the rabbits encounter other logos, such as the Peugeot lion or the globe of Universal Pictures, and thus exist in the in-between realm of imagination. Too, they are an ongoing series of self-portraits, constant self-confirmation, such as found in the work of other artists across different work and life stages. Another series, Autos dans la nuit, actually the realm of the lion into which the rabbit sometimes slips, are studies of cityscapes, quick little pictures that keep up with the tempo of the miniature Peugeot. Thus each group not only has its own face, but also its own ‘function’ in the oeuvre of the artist. If the rabbit-woman, who seems to have sprung from the world of comics, has suddenly turned into the protagonist of an animated cartoon (the first sketches of which can be seen in this book), this apparently serves the purpose of liberating her from the world of oil paint and letting her run free, also in order to gain distance to, and clarity on, this figure before she again has to perform as mirror.

Favre’s picture world with its universal rabbit-women applicable worldwide and other hybrid, often nightmarish creatures all relate to in-between realms, underworlds and mythic sites as well as to everyday madness. The latter is a state of consciousness that gives you the freedom to allow absurdity to enter your own logic, the unfathomable in your own love of beauty, destructive lusts in your love of others. This becomes visible in the suicide pictures, small oil paintings, which present different forms of suicide, such as shooting, hanging, but also self-consumption, all in beautiful colors.

At this point Martin Kippenberger comes to mind, who shares the same generation with Favre, someone for whom “nothing was too dumb” and for this reason had been granted hero status as Bohemian and genius. If Kippenberg’s manner was partly lax and sometimes, though seldom, late-pubertal, this is something alien to Favre’s character. But there is a bond between the two artists that lies in their making use of their own individual psychic disposition, wretched though it may be, which is brought into play as creative energy. One’s own state of mind is turned outward, without becoming navel-gazing, since veracity is sought in the pictures, or more in the stories the pictures tell. There is less pathos in this than it may sound, but proves not to be simple, for both artists judge themselves by their own yardsticks, which thus gives rise to a kind of constant circularity that can be a state of imprisonment.

Favre knows very well the strength and the hopelessness that can arise from leaving dangerous byways open. But that is the privilege and the burden of the artist to be able to evoke these mentally and live through them without having to forfeit any capacity for life or work. The text Étoile de Mars by Valérie Favre in this book shows how this world of thoughts can be lived through, also in the phase between day and night and between bed and desk by scribbling on the side wall of the night table.

Babbling a blue streak allows thoughts before sleep to be put on revue or also early in the morning when the ego searches for itself among the fragments of the dream and the first impressions of reality. Trade names are hung up one after the other, one’s own physical disposition addressed, something that plays an important role in the life of a painter (when I asked Valérie the meaning of the diptych form, she also said that one doesn’t get any younger and it was physically easier to move two canvases than one), and the end is always in sight. The text, which was commissioned by the Paris publisher area – actually she had been asked to do illustrations, but suggested herself as author of a text – speaks of an inner world that is rich and mysterious, that again and again takes on form so as to appear outside, then sink again into dark inner states. The scribbling on the wooden board, the jolt and rejection, stand for an artistic work that ever composes and decomposes itself. The scribbles are, in the end, painted over white, in order to present a clean surface for the new batch (“…next to the night table there I could begin again to paint him one last time to delete these ballpoint scribblings you need two coats of paint to do away with everything white naturally everything must be white again in order to paint on it again in order to change.”(4) This reality as an intensely experienced consciousness is made clear not as a place of refuge or accommodation, but is understood as a reality with a higher content of reality and as an energy reservoir, as a possibility to think differently from what the norm demands. In the same way Sarah Kane wrote her play 4.48 Psychosis (its title names the time when, statistically, depression is deepest and the danger of suicide the greatest) Étoile de mars writes itself out of a state of half-consciousness, of intimacy, which in fact refuses the message. One’s own ugliness, the appeal of crime or also the fascination of forbidden role-playings are some of the things addressed. Added to this is the despair that is part of the process of creation: “…it is complicated simply to go at it I always wait for the end above all the shit of the day so as to finally begin painting that means just now it is complicated like telephoning or leaving a message on the answering machine it is complicated and I am not always fit to do it this is a word that comes from Switzerland complicated because I heard it so often there…”(5) Kane like Favre does not shy away from revealing these inner thoughts, to live through their wounds without making themselves into new heroines – it seems as if nothing at all different is imaginable – or: everything different is possible, but not life.

It is almost impermissible to write down such conclusions in a catalogue essay, since at every point you touch on clichés about artists. How in our globalized world can we still conceive of an art that operates so finitely and so hard by the material? And yet these two female artists demand an existential engagement with art and life through their works and also understand their medium as a question of survival, for she who does not express herself, does not exist: to install yourself and not lie to yourself is here the maxim. Language and paint are not only sound and color, but the material that makes critical thinking and dreams possible. Whereby physical engagement, acting on stage, painting on huge formats are a proclamation of existence. In contrast to some of the neo-expressionist artists, it is less one’s own personality and more the possibility of the vision and the imagination that need to be saved and rescued from the overly smooth and the insensible. Paint as material is given crucial significance here. In a comparable way to how Willem de Kooning in his Women canvases and Francis Bacon in his works understood every brushstroke as living fiber, flesh or ‘sensation’, so is Favre’s paint meant physically. Her style of vehement painting makes its physical working visible, wanting to be felt. It is marked by a consciousness that remains alert and pressing with no restriction. The different painting styles that can be observed in Favre’s workgroups over the years, which range from smooth, glazed oil painting to raw, open blows with the brush, are equally the consequence and the expression of emotional intensities, the paintings equally bearers and mediators of emotion.

Favre dedicated a memorial to the playwright Kane who committed suicide in 1999, whom Favre felt an affinity to, an object she entitled Sarah Kane (2003). A bottle-green, bulky cabinet with 10 doors, thermostat and lighting radiates a silent and enigmatic presence. A narrow compartment cuts deep into it, containing a wooden plank that Favre calls a work board – however it is unfortunately inaccessible. Its reverse side restricted by amorphous ends and inside useful as a music box and refrigerator, it remains baffling, cool, resistant, appearing to take up something of Kane’s violent and dissecting language, so drastic is her vocabulary that it denies itself neither kitsch nor incest as its themes, compelled by a psychic depression marked by a strong drive to communicate and by the insight of continual misunderstandings. Sarah Kane is at once an alien volume and a self-service object that seems to derive its functionality solely from its end-in-itself aspect.

“Je ne peux pas me couper une oreille tous les jours” (I can’t cut off an ear every day) is the title of a 1999 painting borrowed from Martin Kippenberg. This somewhat ridiculous idea – we only have two ears to offer – is also a seriously meant reference to Vincent van Gogh’s most painful point of despair and the impossibility of maintaining such despair as an artistic drive over a long period. There where self-infliction reflects the extreme form is where painting’s self-questioning contains the genesis of each individual work by Favre.

Above all, during their production, the diptychs and triptychs go through different phases of inquiring into painting. In preparing the exhibition in Münster, I could see several stages of the work Auto dans la nuit (2004) in Favre’s studio. First there was a triptych whose right panel showed a foreshortened depiction of sleepers and a cabin in the woods in violet and gray. In the middle under the silhouette of a rabbit, a dark gray, night-shaded miniature landscape could be seen with a winding street like a Carrera track and a small car, very hard to make out, that raced up it. On the left panel a small lapine appeared on a stage with her arms crossed behind her back. If the wood scene on the right was underlaid with a bright orange that shone through the branches like a low-lying fire, the same color appeared as a pure plane over a pink square on the left panel of the triptych. Here it acted like a reference to the possibility of abstract, non-figurative painting that enhances the vitality of the whole. The artist clearly had a painting tradition in mind that could perhaps be applied to Mark Rothko, a tradition, however, that seemed to be too straightforward to develop further in today’s world where so much is happening at once.

At the next intervention in the picture, the lower part of the middle panel was covered in a transparent white-gray, so that the whole seemed undercooled and as though seen through ice. But the ice made way for the night and black paint, and the left panel disappeared altogether. What remained were the cabin in the woods, in the meantime also darkened, and the dark miniature landscape in the middle, at the center of which a dark planet or a hole floated. What then took place was as though Favre had awakened the whole dark scenario to new life. New hues of white, yellow and green were laid over the black and new figures populated the stage. The cabin is now in the middle with a curious hole in its roof that recalls an exit from a matrix. Before it lies a large figure of a rabbit, its back turned to us, sleeping or dead. The miniature landscape has now taken in a large figure, an amorphous personage that almost like a genie seems to rise from a rump clothed in a skirt, next to it a stand with a wig. The left panel, newly conceived, again shows a rabbit-woman, but large and self-confident in a green suit and with glowing ears, climbing strangely out of a square area as if out of another reality. Although the forest landscape is now regularized into a continuous stage, there are still different levels of reality that are not decipherable. What describes the story line, what the inserts, who the dream? Only with difficulty and at a slow pace can we penetrate the forest with its inhabitants.

The woods, its abysses and numerous paths can stand as a metaphor for richness and profusion, to which Favre in her pictures opens all the floodgates. At the same time the woods formulate a new version of the cliché for German culture, shifting its rootedness and trunk-sturdiness to a virtual world. The Foret with its fluid blue forest floor is just as much a projection screen as the wooden board next to the bed. The woods that are as German as they are French, a surrogate of photos taken of different landscapes, is drawn out over 14 large panels and has been left strangely empty. With a fluid and bright painting style, the forest is similar to a computer screen and, in fact, this was what was used as a tool for arriving at the picture. The interface of the forest floor is the plane of contact between artist and viewer, in that the picture can be understood as potentially in a process of becoming. It is, as well, the stage that is, by its very emplacement, given over to the Sarah Kane cabinet. In the room of the Kunstverein, this interaction is expanded by the diptychs and triptychs that let the forest recede to the background and open up violent fantasies of a hunt among strangely metamorphosed animals (Schiesserei/shoot-out, 2003), a moonlit scene with decomposing nature, cabin and motorcycles, as well as sleepers lying on the forest floor (Die Schläfer/the sleepers, 2003).

If different topoi and clichés are touched on, such as the dark woods, the cabin in which mostly murders are committed or witches live, the light of the full moon that awakens the undead, or motorcycling as an avowal of freedom, yet Favre is not telling fairytales. Painting has for some time (and shown so in the 1980s via the neo-expressionists) that with modernism’s relativized worldview it cannot anymore establish myths, but only imply them. The quotes from Stephen King novels, comics and films are now part of the repertoire of contemporary painting and can be seen as a postmodernist characteristic. However, Favre lends from these less in order to belong to the circle of initiates and more to evoke and revive the abundance and richness of this world of imagination that is often brushed aside, its psychological extremes played down. For whether it is possible to draw sense from the absurd, the remote, as well as from the confrontation of taboos and kitsch, is not something the artist wants to answer. She profits too much from a lack of clarity that results from her combinations and that – in the entanglement and urgency of her work that is partly threaded with black humor – provokes a mass of questions and ideas. Perhaps the significance of her work lies in the exercise of logic and the freefall of conceptions, in flying lessons or Flugübungen, as one of her titles tells us.

Precisely in her treatment of feminine attributes and figures – the rabbit-women who are decidedly not bunnies, but also not invulnerable superheroines – it becomes clear how Favre takes up clichés and envelopes them in a life of their own, which releases them from the over-simplicity of the clichéd. Their meaning is then generated within the pictorial context and renewed via a recourse to genres such as portrait and landscape, enriching the literary figure optically and haptically with paint. At the same time her own fears are unsparingly tackled. As in the case of the artist Marlene Dumas who at the time of motherhood pasted a photo of her baby under one of a perfect advertisement baby and (in disregard of every mother instinct) conveyed to everyone in written form her observation and disappointment that her baby was clearly the uglier. Favre is also undaunted when it comes to countermining feminine attributes like niceness, considerateness and attractiveness that does not decline into their strict emancipatory opposites only. The little baby girls with large heads painted in an unclear color scale of pink, beige and yellow who are advancing, though hesitatingly, towards the viewer are among the most disturbing paintings that Favre has done (Interieurs, 2000).

Allerleirauh is the girl who protects herself in a coat made from the fur of all the animals in her father’s kingdom. Animality has here an apotropaic effect and helps the king’s daughter to seek protection and flee evil. In the end, however, she finds her way to a prince and thus to a new patriarch: once again the trap snaps shut. But in the castle gardens a rabbit-woman in boots and cape can be seen now and then who repeatedly escapes from the enclosure. There is still hope.

translation: George Frederick Takis
with kind permission of the authors

in: “Valérie Favre – Mise en Scène”, ed. by Westfälischer Kunstverein Münster, Verlag für moderne Kunst Nürnberg 2004.

1 Favre has up to now created nine Balls and Tunnels that have never been exhibited as a complete group.2 The work Les Restes de la Méduse, made up of a painting lying flat on the floor and a video film in which Favre improvises a text eight hours long, came into being in Amiens through her engagement with a contemporary copy of the famous Raft of the Medusa by Théodore Géricault that can be found at the Musée de Picardie in Amiens. See Valérie Favre, Les Restes de la Méduse, exh. cat. credac, Ivry sur Seine, Musée de Picardie, Amiens, 1997.

3 Valérie Favre has never studied at an academy and is an autodidact in all fields in which she has worked: stage designer, actress, filmmaker, author and painter.

4 Valérie Favre, Mars, in this publication, p….

5 Valérie Favre, Mars, in this publication, p….